Bastien Vivès – Die Bluse
Die junge Séverine führt ein langweiliges Leben als Literaturstudentin in Paris. In ihrer Beziehung geht es mehr um Netflix als um Chill, ein Fakt, mit dem sie sich arrangiert hat. Auch ansonsten schwimmt sie eher mit dem Strom. Als ihr Oberteil beim Babysitten aus Versehen verschmutzt, leiht das reiche Elternpaar ihr eine teure Seidenbluse, die ihr Leben über den Haufen wirft. Als Séverine diese bei einem wichtigen Referat in der Uni anzieht, haften auf einmal alle Augen auf ihr. Schnell wird sie süchtig nach dem Gefühl, gesehen und begehrt zu werden und lässt sich durch die Bluse auf wilde Abenteuer ein…
“Die Bluse” liest sich wie ein modernes, feministisches “Kleider machen Leute”. Séverine nutzt das Kleidungsstück nicht nur für eine bessere Stellung in der Gesellschaft, sondern auch zum Ausleben einer in ihr verborgenen Sexualität, die von Bastien Vivés auch sehr graphisch umgesetzt wird. Optisch macht die Graphic Novel generell einen schönen Eindruck. Die Illustrationen sind simpel und schwarzweiß, bringen aber alles wichtige rüber. Besonders im Fokus stehen dabei Gesichtsausdrücke, die oft anstatt Worten die Gedanken der Protagonistin verdeutlichen. Vivès hat die Wandlung der unscheinbaren Séverine in eine taffe Frau, die weiß, was sie will, gut rübergebracht. Wenn man Séverine in ihrer Bluse sieht, weiß man, warum sie plötzlich gesehen wird. Ihre komplette Ausstrahlung verändert sich.
Die Geschichte selbst ist leider nicht so dicht erzählt, wie sie es vielleicht hätte sein können, und die Stereotype, die auftauchen, sind mir ein bisschen sauer aufgestoßen. “Die Bluse” lässt sich in einem Rutsch lesen und hat meine Aufmerksamkeit bis zum Ende gehalten – es fehlte aber ein bisschen der Wow-Faktor.
Diesen Beitrag könnt ihr euch auch bei Instagram ansehen.