Julie Maroh – Blau ist eine warme Farbe
“Ich habe meine Mutter gebeten, das mir Teuerste für dich auf meinen Schreibtisch zu hinterlegen: meine Tagebücher. Ich möchte, dass du sie aufbewahrst. All meine blau getönten Jugendträume sind darin. Tintenblau, Azurblau, Marineblau, Yves Klein-Blau, Cyanblau, Ultramarinblau… Blau ist eine warme Farbe geworden.”
S. 6-7, aus einem Brief von Clementine an Emma
Die 15-jährige Schülerin Clementine findet ihr Leben eigentlich ziemlich in Ordnung. Sie hat ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern, viele Freunde und einen Jungen, den sie interessant findet. Doch als sie der Studentin Emma begegnet, ändert sich alles und ihre Welt steht von einem Moment auf den anderen Kopf.
Die Graphic Novel „Blau ist eine warme Farbe“ von Julie Maroh – im französischen Original „La vie d’Adèle“ – erschien erstmals 2013 in der deutschen Übersetzung beim Splitter Verlag. Die gleichnamige Verfilmung von 2013 ist mehrfach preisgekrönt, aber aufgrund des ihrer Umsetzung auch äußerst umstritten – auch Julie Maroh äußerte sich hierzu kritisch. Ich kannte weder die Graphic Novel noch den Film und bin sehr froh, dass ich durch @izneocomics die Gelegenheit erhalten habe, zunächst die zugrunde liegende Graphic Novel lesen zu können.
Die junge Clementine kann ihre Gefühle gegenüber der schönen Frau mit den so faszinierend blauen Haaren zunächst nicht einordnen und für die von Ängsten und Zweifeln geplagte Schülerin beginnt eine Phase der Selbstfindung. Julie Maroh erzählt eine Geschichte über das Erwachsenwerden, die Liebe und Entdeckung der eigenen Sexualität. Dabei schafft sie es, keine Klischees zu bedienen und die Geschichte wirkt stets authentisch, was vielleicht auch an den autobiografischen Elementen liegt. Sie erzählt von der psychischen und emotionalen Belastung eines Coming-outs und verbaut viel Gesellschaftskritik, die sich aber mehr im Hintergrund hält und genügend Raum für die leise und sanfte Liebesgeschichte schafft. Mit Hilfe der Nebencharaktere wird sowohl das Thema Ausgrenzung als auch die Akzeptanz behandelt. Die Unterstützung toleranter Freunde gehört hier genauso dazu wie homophobe Beschimpfungen und die Ablehnung durch geliebte Menschen, wobei Clementines Verwirrung, Angst und Verzweiflung jederzeit spürbar sind.
Der dezente und aquarell-kolorierte Zeichenstil hat einen hohen Wiedererkennungswert und bewegt sich irgendwo zwischen europäischem Comic und Manga. Mit einem Fokus auf die Mimik der Charaktere schafft Maroh es, ausdrucksstarke Bilder zu gestalten, die auch ohne Text viele Emotionen transportieren. Das Farbkonzept orientiert sich an der Gefühlswelt der Protagonistin Clementine und wechselt zwischen farblosen und farbintensiven Elementen.
Mit der Graphic Novel „Blau ist eine warme Farbe“ hat Julie Maroh ein emotionales Kunstwerk geschaffen, das seinen Leser in den Bann zu ziehen vermag. Mit viel Fingerspitzengefühl und intensiven Bildern erzählt sie eine bewegende, aber auch tragische Geschichte über die Liebe und eigene Identität.
“Blau ist eine warme Farbe” findet ihr im breitgefächerten Katalog von izneo. Dort – und auch hier im Beitrag – steht euch eine kostenlose Leseprobe zur Verfügung. So könnt ihr in den Titel sowie in die Handhabung des Webplayers hineinschnuppern. 😉 Schaut doch mal bei izneo vorbei, es ist für jeden Geschmack etwas dabei! 🙂
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