James Baldwin – Von dieser Welt
“Von dieser Welt”, im englischen Original “Go Tell It on the Mountain” ist schon 1953 erschienen. Der @dtv_verlag hat in den letzten zwei Jahren vier von James Baldwins Klassikern neu aufgelegt und den deutschen Lesern erneut zugänglich gemacht.
James Baldwin erzählt in seinem ersten Roman die Geschichten mehrerer Charaktere. John Grimes ist ein schwarzer Junge aus Harlem, unglücklich mit sich selbst. Da ist die Unschlüssigkeit über seine Sexualität, das Gefühl, nicht gläubig genug zu sein und der Hass seines Vaters, den John nicht verstehen kann. Hass ist generell ein gutes Stichwort für diesen Roman. Hass zieht sich als Thema durch die Kapitel aus der Sicht von James, seines Priestervaters Gabriel, und den starken Frauen des Romans, seiner Mutter Elizabeth und seiner Tante Florence. Hass auf sich selbst, auf die Diskriminierung, Hass zwischen den Geschlechtern, Hass auf die Familie und denen, die nicht wirklich dazugehören.
Eine einfache Lektüre ist es nicht, weder inhaltlich, noch stilistisch. Baldwin erzählt bildlich ausschweifend, was in vielen Fällen toll funktioniert, für mich in einigen Passagen aber auch zusammen mit der düsteren, hoffnungslosen Atmosphäre das Weiterlesen erschwert hat. Auch die sehr starke Präsenz von Religion (und ihrer Schattenseiten) mag für einige Leser eher abschreckend sein, so wie die Charakterzeichnung, die besonders Vater Gabriel zu einer unsympathischen, wenn auch realistischen, Figur macht. Baldwin erzählt in “Von dieser Welt” teilweise autobiographisch, was das Lesen nur weiter erschwert, es ja fast unerträglich macht. Aber vielleicht ist diese Unerträglichkeit auch gerade die Pointe des Ganzen, um auch weißen Lesern die Situation der Figuren begreifbar zu machen. Dass ein Nebencharakter Selbstmord aufgrund rassistischer Anschuldigungen begeht, ist fast nur ein Nebenstrang der Geschichte des Leids und der Wut.
Für einen Erstlingsroman ist “Von dieser Welt” sehr ambitioniert und ich bin gespannt, welche literarischen Leistungen Baldwin in seinem späteren Schaffen noch erbracht hat.
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