Historischer Roman,  LGBT,  POC,  Rezension,  Summer Reading Challenge 2018

Daniel Black – Perfect Peace

Diversify Yourself: Read a book by an author of color.

Im Jahre 1940 bekommt Emma Jean in Arkansas ihr siebtes Kind. Nach sechs Jungen ist sie felsenfest davon überzeugt, endlich eine Tochter zu bekommen. Als ihr wider Erwarten ein Sohn geboren wird, beschließt sie in einer Kurzschlusshandlung, ihren Sohn als Tochter auszugeben, die sie Perfect nennt. Niemand kennt die Wahrheit – weder ihre Familie noch die Dorfbewohner. Erstaunlicherweise kommt Emma Jean mit dieser Täuschung durch. Doch nach acht Jahren wird ihr klar, dass es nicht mehr lange gut gehen kann und so erklärt sie der gesamten Familie, dass Perfect als Junge geboren wurde. Aus Perfect wird Paul, aus dem süßen, wunderschönen Mädchen wird ein verweichlichter, viel zu femininer Junge. Die Familie ist schockiert, die Dorfbewohner fassungslos und für Paul, dessen Selbstwertgefühl unter den Veränderungen dramatisch leidet, beginnt ein Martyrium. Sein Vater und seine Brüder drangsalieren ihn, damit er ein echter Junge wird. Sie haben Angst, dass Paul für immer eine „Sissy“ bleiben wird – wovon die Dorfbewohner überzeugt sind.

Daniel Black schildert in seinem 2010 bei St. Martin’s Press erschienenen Roman eindrucksvoll, welche Auswirkungen die Erziehung auf das Verhalten eines Menschen haben kann. Geschlecht wird hier sehr deutlich als soziales Konstrukt dargestellt, das von Stereotypen lebt. Wie muss man sich verhalten, was muss man können, um ein richtiger Junge zu sein? Mit wem und was dürfen Mädchen spielen und was müssen sie lernen, damit sie später eine gute Ehefrau und Mutter sein können? Und was passiert mit Menschen, die von diesen Erwartungen abweichen? Schade ist lediglich, dass der Autor zwar mit Stereotypen spielt, diese aber nicht entkräftet. Spannend sind die emotionalen Auswirkungen auf die Familienangehörigen, die durch wechselnde Erzählperspektiven beleuchtet werden. Der Vater verzweifelt, da er nicht in der Lage ist, seinen Sohn zu lieben, den er zuvor als Tochter vergöttert hat. Die Brüder schämen sich für Paul, wollen ihn aber gleichzeitig beschützen. Und die Mutter erkennt entsetzt, dass sie das Leben ihres Kindes ruiniert hat, obwohl sie durch die Hingabe für ihre Tochter doch eigentlich beweisen wollte, was für eine gute Mutter sie ist.

Das Buch ist in leicht verständlicher Sprache geschrieben, wobei die wörtliche Rede in afroamerikanischem Englisch eine kurze Eingewöhnungsphase erfordert. Dies sollte jedoch niemanden mit guten Englischkenntnissen abschrecken.

Das auf dem Cover abgebildete Mädchen ähnelt mehr einer Puppe als einem echten Menschen, was auf den ersten Blick wenig ansprechend wirkt. Tatsächlich aber ist dies eine gute Illustration der Thematik. Perfect verkörperte für ihre Mutter im Prinzip eine Puppe, die sie in schöne Kleider stecken und die sie frisieren konnte. Zudem verdeutlicht diese Darstellung die Stereotypisierung von Geschlecht.

Daniel Black erzählt Perfects bzw. Pauls Geschichte auf sehr spannende Weise, sodass es schwer fällt, das Buch aus der Hand zu legen. Durch die Einblicke in die Gedanken und Gefühle der einzelnen Protagonisten bekommt der Leser ein gutes Bild ihrer Handlungen und Beweggründe. Besonders gut kann man sich in Paul hineinversetzen. Vielleicht ermöglicht dies dem Leser ein besseres Verständnis für Kinder, die nicht der Geschlechternorm entsprechen. Die Quintessenz der Geschichte fasst Pauls Bruder Sol schön zusammen, als er erklärt „Sometimes, when people think they’re putting obstacles in your path, they’re actually laying your stepping-stones. You just gotta recognize them as one and the same.

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https://www.youtube.com/watch?v=HNMQZPIvjrc