Sarah Waters – The Little Stranger
Passend zur dunklen Jahreszeit wollte ich mich mit einem Schauerroman in die entsprechende Stimmung versetzen. The Little Stranger von Sarah Waters schien dafür die richtige Wahl zu sein.
Die Geschichte spielt im ländlichen England, kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges. Hier lernt der alleinstehende Arzt Dr. Faraday Familie Ayres kennen – eine Mutter mit zwei erwachsenen Kindern, die mit zwei Hausangestellten in ihrem heruntergekommenen Gutshaus lebt. Was zunächst als reines Arzt-Patienten-Verhältnis beginnt, entwickelt sich rasch zu einer Freundschaft und so verbringt Faraday immer mehr Zeit im Gutshaus. Dadurch wird er Zeuge, wie sich Roderick, der Sohn und Gutsverwalter der Familie, immer mehr verändert. Roderick glaubt, dass eine böse Macht ihn infiziert hat und es in seiner Verantwortung liege, diese von seiner Schwester Caroline und seiner Mutter fernzuhalten. Doch während Dr. Faraday von einer durch Stress und Kriegstrauma bedingten psychischen Erkrankung Rodericks überzeugt ist und diesen in eine psychiatrische Klinik einweisen lässt, fühlen sich auch Caroline und ihre Mutter zunehmend von Geistern verfolgt.
In The Little Stranger prallen Wissenschaft und der Glaube an Übernatürliches aufeinander. Obwohl Faradays Erklärungen für die seltsamen Vorkommnisse immer wieder plausibel sind, glaubt man beim Lesen doch eher an die Spuktheorie, was bisweilen für gruselige Momente sorgt.
Interessant ist zudem die Erzählung aus der Perspektive Faradays. Durch seine Gedanken wird die damals so übliche Arroganz der Männer deutlich, die davon ausgingen, dass Frauen nicht wissen, was sie wirklich wollen und daher keine eigenen Entscheidungen treffen können. Eine Tatsache, die mich beim Lesen öfter mal wütend gemacht hat.
Doch leider gehört der Roman zu den Waters-Büchern, die mit 200 Seiten weniger gut ausgekommen wären. So gibt es einige Längen, die dank des guten Schreibstils der Autorin zwar keine Qual, aber doch eher langweilig sind.
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