Gegenwartsliteratur,  Rezension,  Summer Reading Challenge 2018

Paulo Coelho – Veronika beschließt zu sterben

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Paulo Coelho ist nicht der lyrischste aller Schriftsteller. Sein Stil ist klar und schmucklos, man könnte auch sagen: kunstlos. Bei ihm geht es eher um den Inhalt seiner Werke. Coelho verbrachte einige Jahre seiner Jugend in einer Psychatrie. Seine Eltern ließen ihn damals einweisen, weil er introvertiert war und andere Ambitionen hatte: er wollte Autor werden. „Veronika beschließt zu sterben”, ein Roman, der 1998 erschien, bietet viel Raum für Coelho, seine Gedanken zur menschlichen Psyche, zu Gesundheit und Wahnsinn zu Papier zu bringen und liefert so auch für den Leser einige Denkanstöße. In vielen seiner Romane geht es um Liebe, um den Sinn des Lebens und um Selbstfindung. „Veronika beschließt zu sterben” macht da keine Ausnahme.

Protagonistin ist die junge Veronika, die mit ihren 24 Jahren vom Leben genug hat. Sie ist hübsch und wird von Männern begehrt, ihre Familie liebt sie und sie hat eine Anstellung, bei der sie gutes Geld verdient. Doch sie empfindet nur noch Langeweile, und die immer gleichen Erfahrungen erwecken in ihr den Wunsch, sich das Leben zu nehmen. Sie ist der Auffassung, sie habe alles schon erlebt, und von nun an würde das Leben nur noch bergab gehen. Ihr Suizidversuch misslingt, und sie landet prompt in der Psychiatrie ihres kleinen slowenischen Städtchens, wo ihr zu verstehen gegeben wird, dass sie nur noch ein paar Tage zu leben hat.

Allein durch diese kurze Beschreibung kann man sich als Leser schon vorstellen, wie das Buch verlaufen und schließlich enden wird. Überraschungen gibt es also kaum. Man muss den Mehrwert daher in den Lehren suchen, die Coelho hier dem Leser mal mehr, mal weniger subtil mit auf den Weg gibt. Für die einen sind seine Ausführungen zur Verrücktheit, und wie sehr man eine Prise von ihr braucht, um wirklich glücklich zu werden, inspirierend. Andere werden Coelho als einen spirituellen Spinner abtun, der triviale Lebensweisheiten auf Buchlänge aufpoliert, um möglichst viele Leser abzugreifen. Hier liegt es wie so oft am Leser, ob die angesprochenen Themen ihm etwas bieten können. Doch auch wenn man Coelhos Stil und die Motivationsspruchästhetik mag, wird man die Abgedroschenheit seiner Handlung nicht in Frage stellen können. Ob die Vorstellung, der Sinn des Lebens einer jungen Frau würde darin bestehen, einen Mann kennenzulernen, den sie lieben kann, heutzutage noch modern ist, das muss jeder für sich selbst entscheiden.

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